Die Ausgräber

Nicht nur Tempel haben ihre Geschichte, sondern auch ihre Ausgrabung viele Jahrhunderte später. Die Ausgrabung des Adlertempels von Malinalco ist eng mit dem Namen eines legendären Präsidenten verbunden.Lázaro Cárdenas – der fast schon mythische Präsident, der den ausländischen Ölbohrfirmen die mexikanischen Ölquellen abnahm und Entwicklungshilfe betrieb, indem er mit dem Flugzeug durch das Land flog und Geldsäcke verteilte – dieser legendäre Lázaro Cárdenas kam 1935, im zweiten Jahr seiner Präsidentschaft, auch nach Malinalco. Zu Pferd zwar, und ohne Geldsäcke, dafür aber mit Landvermessern, die endlich mit der Landreform ernst machten, die Hacienda von Jalmolonga zerschlugen und ihre 200 Quadratkilometer Ackerland an die Bauern der Gegend verteilten. Und als der Präsident von den Bauern erfuhr, dass auf einem der Felsen über Malinalco, dem sogenannten cerro de los ídolos oder Götzenberg, eine wichtige Tempelanlage der Mexica verborgen lag, schickte er den Archäologen José García Payón, um die Ruinen freizulegen. So sah es damals auf dem Götzenberg aus:

García Payón machte sich an die Arbeit und legte die Anlage innerhalb weniger Jahre frei. Vielleicht hätte er sich besser etwas mehr Zeit gelassen, denn bei den Ausgrabungen kam auch einiges zu schaden: So wurde zum Beispiel während der Regenzeit ein Wandgemälde von der Wand gewaschen, weil der Archäologe nicht daran gedacht hatte, es mit einer Plane zu sichern. Zum Glück fertigte er vorher eine krude Zeichnung an, von der wiederum im Museum Mario Schneider am Fuß des Götzenbergs eine Kopie zu sehen ist. Im Museum sind auch einige der Gegenstände ausgestellt, die bei den Ausgrabungen gefunden wurden, darunter Masken, eine mannshohe Steinfigur des Windgottes Ehecatl und eine Schüssel mit dem Symbol des Ortes Malinalco.

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Gegen Ende der Ausgrabungen schaute übrigens auch der deutsche Schriftsteller Gustav Regler vorbei, der damals im nahen Tepoztlán im Exil lebte. Die Anlage und die Mythen, die er in Malinalco hörte, inspirierten ihn zu einem Kapitel in seinem Roman Amimitl, in dem er die Wanderung der Mexica aus Aztlán ins Tal von Mexiko schildert. Aber dazu später mehr.